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Wärme aus Grubenwasser in Bochum-Werne

Mit diesem Projekt wird ein neuartiges Konzept zur Gewinnung umweltfreundlicher Erdwärme aus Grubenwasser für die Beheizung von Bestandsgebäuden entwickelt, erprobt und optimiert. Die Ergebnisse und gesammelten Erfahrungen werden aufbereitet und dienen als Grundlage für den weiteren Ausbau an diesem Standort sowie für weitere ähnliche Projekte. Damit soll die Nutzung von Wärme aus Grubenwasser als lokaler Beitrag zu einem wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Energiemix vorangetrieben werden.
Projektsteckbrief
Projektstatus | ![]() |
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Standort des Netzes | Bochum-Werne |
Standort der Kommune | Bochum, 44894 Bochum, Bochum, Nordrhein-Westfalen |
Kommune in Zahlen | Fläche: 145,46 km²; Einwohner: 374.737 |
Träger | Stadtwerke Bochum GmbH |
Netzbetreiber | Stadtwerke Bochum GmbH |
Erzeugung | Gasabsorptionswärmepumpen, Gasmotorwärmepumpe, Elektrowärmepumpe, Spitzenlast-Erdgaskessel |
Heizungssysteme | vorher: Gaskessel (Erdgas); nachher: Gasabsorptionswärmepumpe (Grubenwasser, Erdgas); Gasmotorwärmepumpe (Grubenwasser, Erdgas); Elektrowärmepumpe (Grubenwasser, Strom); Spitzenlastabdeckung, Erdgaskessel, (Erdgas) |
Netzlänge | kalte Nahwärmetrasse: 0,815 km; warme Nahwärmetrasse: 0,13 km |
Wärme-/Kälteabnehmer | Stadt Bochum |
Projektthemen |
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Projektbeschreibung
Zielsetzung
Auf dem Industriegelände Robert Müser in Bochum werden durch die RAG Aktiengesellschaft am Schacht Arnold jährlich etwa 10 Mio. m³ Grubenwasser gehoben und in naheliegende Teiche abgeleitet. Kern der Projektidee ist die Nutzbarmachung des Grubenwassers als Energieträger zur Wärmeversorgung. In der Nähe des Schachts Arnold befinden sich zwei Schulen und die Bochumer Hauptfeuerwache. Das Medium Grubenwasser soll als Energieträger in Kombination mit Wärmepumpenanlagen zur Beheizung dieser Bestandsgebäude dienen.
Projekt
Um den Klimawandel in Grenzen zu halten, wurde von der Bundesregierung das „Integrierte Energie- und Klimaprogramm“ verabschiedet. Durch die Nutzung der Wärme aus dem Grubenwasser kann bereits im Rahmen dieses Pilotprojekts ein jährlicher Brennstoffbedarf von ca. 1.200 MWh in den genannten Gebäuden eingespart werden. Das entspricht einer Reduzierung der jährlichen CO2-Emissionen um ca. 245 t/a.
Durch das vorhandene Wärmepotenzial im Grubenwasser kann anschließend eine noch weitaus höhere Einsparung an CO2-Emissionen erreicht werden. Insgesamt könnte das Grubenwasser an diesem Standort als Wärmequelle für mehrere Wärmepumpenanlagen je nach Bautyp mit einer gesamten Heizleistung von bis zu 4,5 MW genutzt werden. Da das Bebauungsgebiet an der ehemaligen Zeche Robert Müser mittelfristig als größeres Gewerbe- und Industriegebiet entwickelt werden soll, ist von weiteren zu versorgenden Gebäuden auszugehen. Das Projekt soll aber auch einen Einstieg in die Grubenwasser-Wärmenutzung an den anderen Standorten im Ruhrgebiet ermöglichen, an denen nochmals 90 Mio. m³ Grubenwasser jährlich gehoben werden.
Der Planungsumfang umfasst die Wärmeauskopplung aus dem Grubenwasser, die Errichtung des „kalten“ und „warmen“ Nahwärmenetzes und dem Aufbau der Wärmepumpenanlagen für die anzuschließenden Gebäude. Die Planung des „kalten“ und „warmen“ Nahwärmenetzes wurde von Stadtwerken Bochum GmbH durchgeführt. Die Auslegung der Wärmeauskopplung sowie der Wärmepumpenanlagen übernahm ein externes Planungsbüro.
Konzept, Planung
Das Ziel des Projekte besteht darin, eine optimal abgestimmte Gesamtanlage zu erhalten. Die Wärmeauskopplung aus dem Grubenwasser stellt einen wichtigen Bestandteil der Gesamtanlage dar. Im Rahmen der Planung sind verschiedene Varianten zur Auskopplung der Grubenwasserwärme hinsichtlich technischer Machbarkeit - auch bzgl. der Übertragbarkeit auf weitere Projekte - und Wirtschaftlichkeit untersucht worden. Eine besondere Herausforderung stellt die aggressive chemische Zusammensetzung des Grubenwassers dar - mit besonderen Ansprüchen an die Materialwahl des Wärmeübertragers. Zudem ist das Grubenwasser verschmutzt und mit teils größeren Partikeln versetzt. Diese Rahmenbedingungen wurden im Planungsstadium hinsichtlich der Einbindung des Wärmeübertragers und die damit verbundene hydraulische Schaltung detailliert betrachtet. Da die Auskopplung von Grubenwasserwärme über Wärmeübertrager noch nicht erprobt ist, liegt hier ein besonderes Risiko zur Realisierung des Gesamtprojekts. Hierzu wurden verschiedene Wärmeübertragersysteme (Plattenwärmeübertrager, Spiralwärmeübertrager, Rohrbündelwärmeübertrager) und Sonderkonstruktionen zur Auskopplung der Grubenwasserwärme untersucht. Die Anforderungen an die hydraulische Schaltung wurden in die Betrachtung eingeschlossen.
Die Beheizung von Gebäuden mit Wärmepumpen findet vorrangig bei Neubauten statt. In diesem Projekt sollen Bestandsgebäude mit der Wärmepumpentechnologie beheizt werden. Die Heizzentralen wurden entsprechend detailliert betrachtet und der Bedarf der einzelnen Gebäude messtechnisch erfasst. Eine besondere Herausforderung lag hier in der Wahl der Wärmeerzeuger zur Nutzung der über das kalte Nahwärmenetz gelieferten Grubenwasserwärme. Hier wurden die Einsatzmöglichkeiten von Elektrowärmepumpen und Gasabsorptionswärmepumpen betrachtet. Die letzte der beiden genannten Techniken ist auf den Markt nicht weit verbreitet, jedoch primärenergetisch sehr vorteilhaft. Aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten und Wärmeabnahmen in den vorhandenen Bestandsgebäuden werden unterschiedliche Arten von Wärmepumpen in den Gebäuden eingesetzt. Durch den direkten Vergleich der technischen Varianten können Schlussfolgerungen auf die Effizienz der verschiedenen Arten von Wärmepumpen beim Einbau in Bestandsgebäuden gezogen werden.
Die neuen Wärmeerzeuger (Wärmepumpe) sollen in Verbindung mit den vorhandenen, alten Wärmeerzeugern (Gaskessel zur Spitzenlastversorgung und Absicherung der Versorgung) genutzt werden. Hier müssen die hydraulischen Einbindungen individuell optimiert werden.
Um einen hocheffizienten Betrieb zu gewährleisten, ist es notwendig, dass die Wärmeabnehmer nach Hochtemperatur- und Niedertemperaturabnehmern aufgeteilt werden. Auch hier war eine messtechnische Betrachtungen sowie die anschließende Planung einer sinnvollen Optimierung der Heizkreise notwendig. Die Dimensionierung der neuen Wärmeerzeugungsanlagen geschieht anhand der Jahresdauerlinie nach Sochinsky. Ziel ist es, mit möglichst kleinen Wärmepumpenanlagen ein Großteil des Jahresheizenergiebedarfs (mindestens 80%) abzudecken.
Im Frühjahr 2012 soll die Wärme aus dem gehobenen Grubenwasser in den Gebäuden bereits genutzt werden. Anschließend soll eine 4-jährige Phase der intensiven Projektbegleitung zur Überwachung, Optimierung und Auswertung erfolgen.
Finanzierung
Die Planungskosten für das Pilotprojekt wurden von den Stadtwerken Bochum GmbH getragen. Die Phasen „Errichtung und Inbetriebnahme“ sowie „Betrieb“ werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi im Rahmen der Forschungsinitiative EnEff:Wärme zu 50 % gefördert.
Realisierung
Die Planungsphase wurde Ende 2011 erfolgreich abgeschlossen. Zurzeit befindet sich das Projekt in der Ausführungsphase; die Inbetriebnahme ist für April 2012 avisiert.
Kenndaten Energie
vorher | Potenzial | nachher | Einheit | |
Jahreswärmebedarf der Gebäude (Wärmeerzeugung) | 3.029.000,00 | kWh/a | ||
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Anschlussleistung (thermische Leistung) | 1.600,00 | kW | ||
Leistung der Wärmepumpe | 690,00 | kW |
Kenndaten Wirtschaftlichkeit
vorher | nachher | Einheit | |
Umbau der Heizzentralen und Errichtung der Wärmeauskopplung | 850.000,00 | Euro | |
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Nahwärmenetz | 270.000,00 | Euro | |
MSR-Technik | 180.000,00 | Euro |
Kenndaten Nachhaltigkeit
vorher | nachher | Einheit | |
CO2-Reduzierung | 245,00 | t/a |
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